Neophytenkartierung im Landkreis Miesbach
Durch die Internationalisierung von Handel und Verkehr gelangen Pflanzen aus fernen Ländern nach Deutschland. Findet solch eine Pflanze hier gute Lebensbedingungen, hat keine Fressfeinde und eine große Fortpflanzungsrate, kann sie sich stark vermehren, einheimische Arten verdrängen und so die Artenvielfalt bedrohen. Diese Pflanzenarten nennt man invasive Neophyten.
Weithin bekannt wurde bereits Ende der 80er Jahre der Riesen-Bärenklau. Durch gemeinsame Anstrengungen von Behörden und Naturschutzverbänden konnte der Riesen-Bärenklau weitgehend zurückgedrängt werden.
In der Gegenwart fast allgegenwärtig ist das hier abgebildete Indische Springkraut. Eine flächendeckende Regulation seines Vorkommens durch den Menschen ist nicht mehr möglich. Dies fordert eigentlich das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in § 40: Neu auftretende Arten mit invasivem Charakter sollen unverzüglich beseitigt oder doch zumindest an der weiteren Ausbreitung gehindert werden. Allerdings haben erste einheimische Tierarten Blüten und Blätter des Indischen Springkrautes als Nahrungsquelle entdeckt. So könnte eine natürliche Regulation seines Bestandes möglich werden, die invasive Charakter des Springkrauts ein Ende finden.
Der invasive Charakter eines Neophyten ist eine vorübergehende Erscheinung. Die Natur findet im Lauf der Zeit eigene Regulationsmechanismen, um eine unkontrollierte Ausbreitung dieser Arten zu verhindern, z.B. indem die Art von anderen Organismen als Futter erkannt wird. Aber der für diese Anpassung notwendige Zeitraum kann mehrere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern.
Fast unbemerkt haben sich weitere Neophyten mit invasivem Charakter auch im Landkreis Miesbach ausgebreitet. Vor allem handelt es sich um Knöterich-Arten, besonders den Japan-Knöterich.
Um einen ersten Überblick über die aktuelle Befallsituation im Flusssystem der Mangfall zu ermöglichen, regte die Kreisgruppe Miesbach des BUND Naturschutz im Jahr 2013 eine Kartierung der Wuchsorte von invasiven Neophyten an. Mit Unterstützung der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Miesbach konnte diese Kartierung in den Monaten Juli bis September 2013 überwiegend mit ehrenamtlichen Helfern durchgeführt werden.
Die von der Kreisgruppe Miesbach des BUND Naturschutz vorgelegte Neophytenkartierung liefert erstmals einen Überblick über das Ausmaß des Neophytenbefalls an den wichtigsten Fließgewässern des Landkreises Miesbach.
Die Ergebnisse zeigen an Schlierach und Mangfall eine außerordentlich hohe Befallsdichte. Im Vergleich dazu sind bisher an der Leitzach und der Aurach nur kleinere punktuelle Ansiedlungen vorhanden.
Aus naturschutzfachlicher Sicht sind besonders die ausläuferbildenden Arten kritisch zu bewerten, da das invasive Verhalten bei diesen stark ausgeprägt und Bekämpfungsmaßnahmen ausgesprochen arbeits- und zeit- bzw. kostenintensiv sind. Zu diesen rechnet vor allem der mittlerweile an Mangfall und Schlierach sehr weit verbreitete Japan-Knöterich und die neophytischen Goldrutenarten. Eine flächendeckende mechanische Regulierung erscheint kaum noch möglich.
Die ausläuferbildenden Arten sind bestens an dynamische Lebensräume - und dazu rechnen die Überflutungsauen - angepasst. Es besteht durch das Hochwasser im Juni 2013 also die akute Gefahr einer schlagartigen Zunahme des Neophytenbefalls, der vor allem in den Natura 2000-Gebieten Mangfalltal und Leitzachtal zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands streng geschützter Lebensraumtypen führen kann und sich sehr negativ auf die vorhandene Artenvielfalt auswirken wird.
Eine gezielte Zurückdrängung ausläuferbildender Neophyten bedarf jedoch einer gut vorbereiteten Planung, da Bekämpfungsaktionen mitten im Befallsgebiet wirkungslos bleiben, wenn immer wieder neue Diasporeneinträge (Samen, Spross- und Wurzelstücke) aus oberhalb liegenden Gewässerabschnitten stattfinden können. Die Maßnahmen müssen deshalb stets an den höchst gelegenen Wuchsorten ansetzen.
Hier reicht die Kartierung des BN noch nicht aus, da Kenntnisse über die Neophytenbesiedlung im gesamten Einzugsgebiet notwendig sind. Die Neophythenkartierung schlägt eine Maßnahmenbündel vor, mit der die Verbreitung invasiver Neophyten begrenzt werden soll. Das Ziel dabei ist nicht die Ausrottung neophytischer Arten, sondern nur die Abschwächung ihrer Massenausbreitung während der invasiven Phase. Im Laufe der Zeit werden auch die einheimischen Arten "lernen", diese Arten auf natürliche Art und Weise zu regulieren, so dass sie zu einem festen, aber unauffälligem Bestandteil unserer Ökosysteme werden können.