Schluss mit Hetzkampagne gegen den Wolf
Mit dem Wolf leben lernen!
Schluss mit Hetzkampagne gegen den Wolf und endlich Zusammenarbeit beim Herdenschutz
Anlässlich einer landesweiten Kampagne des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO) gegen den Wolf und des Aufrufs des AVO an Gemeinden, Vereine und Politiker, ihr Anliegen nach Entnahme des Wolfes zu unterstützen, fordert die BN Kreisgruppe Miesbach, dass diese landesweit inszenierte Hetzkampagne endlich beendet wird. Zu einem vernünftigen Umgang mit der Heimkehr des Wolfes gehört nicht nur die Installation einer Wolfsbeauftragten, sondern auch ein Ende des Wirrwarrs der Zuständigkeiten zwischen den beiden Ministerien für Umwelt und für Landwirtschaft und die Mitarbeit der Almbauern bei der Umsetzung von Maßnahmen. Die Erprobung von Herdenschutzkonzepten muss endlich vorangebracht werden.
Im Bayerischen Naturschutzgesetz wurde 1998 von der Staatsregierung im Artikel 1 der natürlichen Schöpfung ein eigener Wert zuerkannt („… sind Natur und Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes und als Lebensgrundlage des Menschen … zu schützen“). In krassem Gegensatz dazu steht die politische Realität in Bayern: es wird im ländlichen Raum gezielt Stimmung gemacht gegen zurückkehrende Arten, insbesondere im Moment gegen die Rückkehr des Wolfes.
Typische Forderungen aus den letzten drei Monaten: „Der bayerische Alpenraum ist als wolfsfreies Gebiet auszuweisen (Nogo-area)“, „Der Freistaat Bayern wirkt darauf hin, dass es zu keinen Emissionen benachbarter Wolfspopulationen in den bayerischen Alpenraum kommt“ und „Der im Mangfallgebirge ansässige Wolf ist unverzüglich zu entnehmen“ (Almwirtschaftlicher Verein Oberbayern) / "Hier ist kein Lebensraum für diese Tierart - der Wolf muss weg" (Bürgermeister Hans Hofer, Bad Feilnbach).
Der Wolf ist ein Großraubtier. Der entscheidende bestandsbegrenzende Faktor ist das Nahrungsangebot in Form von Fleischbiomasse in der Landschaft. Die Wolfspopulation reguliert sich selbst mit einem seit Jahrmillionen erprobten Reviersystem und höchst intelligenter Anpassung der Nachwuchszahl an das Nahrungsangebot. Für uns Menschen als Spitzenraubtier, das diesen Planeten hemmungslos ausplündert, scheint das vielleicht deswegen so schwer verständlich, weil uns eine derartige Selbstbeschränkung sehr schwer fällt.
Wildtierbestände sind Reaktionen auf das Nahrungs- und Lebensraumangebot in der Landschaft. Das gilt auch für den Wolf, der von einem gehegten Reh- und Hirschbestand profitieren kann, der höher ist als je in historischer Zeit. Viele Probleme sind zudem vom Menschen verursacht: wer meint, Schafe im Alpenraum frei laufen lassen zu können, was es bis zur Ausrottung des Wolfes in der Menschheitsgeschichte nie gab, muss seine Nutzungsform anpassen.
Der Bund Naturschutz kann keinerlei Verständnis für die Blockadehaltung gegenüber Herdenschutzkonzepten aufbringen, wie sie erneut am letzten Freitag vom Vorsitzenden des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern bei einer Veranstaltung der oberbayerischen Ziegenzüchter und -halter geäußert wurde. Manfred Burger, Vorsitzender der BN Kreisgruppe Miesbach: „Wenn der AVO und die Bayerische Staatsregierung die Schafhaltung auf den Almen unterstützen wollen, müssen sie möglichst schnell Schutzkonzepte erproben.“
Mit dem Abschuss des Bären Bruno hat der Landkreis Miesbach 2006 bereits einmal traurige Berühmtheit erlangt. Aber es hat auch schon Abschüsse von Wölfen im Bayerischen Wald in den Jahren 1976, 2002 und 2004 gegeben. Mit dieser Politik des Tötens muss endlich Schluss sein.
Auffallend ist auch die Ungleichbehandlung von Arten, die dem Jagdrecht unterliegen gegenüber Arten, die dem Naturschutzrecht unterstehen: die deutschen Bürger zahlen bei Wildunfällen mit dem Jagdgesetz unterliegenden Arten über ihre Kfz-Versicherungsbeiträge pro Jahr 415 Mio. € , in Bayern allein über 200.000 € pro Tag! Ausgaben für wiederkehrende Wildtiere bei Schäden einzelner betroffener Landwirte liegen landesweit im Bereich weniger hunderttausend € pro Jahr. Die Mehrausgaben durch die Heimkehr des Wolfes werden sich auch in Grenzen halten.
Bayern hat immer noch massive Defizite bei der Rückkehr von Wildtieren. Der BN erneuert daher seine langjährigen Forderungen zum Wildtiermanagement.
Forderungen der BN Kreisgruppe Miesbach:
1. Der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern (AVO) soll endlich von seiner Position der Forderung nach wolfsfreien Gebieten abrücken.
2. Es ist dringend notwendig, dass der AVO konstruktiv mit allen anderen an konkreten Konzepten zum Schutz der Schafherden im Wolfsgebiet mitarbeitet, anstatt auf Veranstaltungen und in Veröffentlichungen immer wieder zu behaupten, dass die in anderen Ländern bereits angewandten Herdenschutz-Konzepte in Bayern nicht funktionieren könnten.
3. Das Verwirrspiel um Zuständigkeiten zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium muss endlich ein Ende haben. Es wird höchste Zeit, dass der Prozess konstruktiver Lösungen, der schon seit Monaten unnötigerweise ausgebremst wird, endlich in Fahrt kommt. Insbesondere sieht der BN die umgehende Fertigstellung des Managementplans II für den Wolf als vorrangig an.
4. Wenn die entsprechenden Konzepte erstellt sind, dürfen nach dem Vorbild der Schweiz nur noch dann Entschädigungszahlungen für Wolfsschäden an Nutztieren erfolgen, wenn die Herdenschutzmaßnahmen auch umgesetzt werden.
5. Wir fordern sowohl den AVO als auch die Ministerien auf, die neue Wolfsbeauftragte nach besten Kräften zu unterstützen.